Caffe & Kaffee

Im 17. Jahrhundert wurde in Venedig ein bis dahin unbekanntes Getränk aus dem Osmanischen Reich präsentiert, das sich innerhalb kurzer Zeit zu einer nationalen Leidenschaft entwickeln sollte: der Kaffee. Die erste bottega del caffè, das erste Kaffeehaus Europas, öffnete am Markusplatz ihre Pforten. Dort befindet sich auch heute noch ein Café, das als das älteste Italiens gilt und gewiss zu den berühmtesten und schönsten Kaffeehäusern weltweit zu zählen ist: das Caffè Florian von 1720. Schnell wurde es zu einem beliebten Treffpunkt der städtischen Elite und zum Anziehungspunkt für internationale Gäste. So sollen im Laufe der Jahrhunderte Berühmtheiten wie Goethe, Lord Byron, Marcel Proust und Thomas Mann ihren Weg in das populäre Lokal gefunden haben. Binnen weniger Jahre eröffneten auch in anderen Städten Italiens Kaffeehäuser, die ebenfalls zu beliebten Treffpunkten wurden, auch wenn keines die internationale Strahlkraft eines Café Florian erreichte. Dazu gehören das berühmte Caffè Greco in Rom, das Caffè Perdocchi in Padua oder das Caffè San Carlo in Turin. Ins Café zu gehen bedeutete rasch mehr, als nur eine Erfrischung zu sich zu nehmen. Die Kaffeehäuser entwickelten sich zu Stätten kultureller, politischer und sozialer Interaktion. Dort wurde diskutiert, philosophiert, politisiert.

Kaffeekunst

Und das ist bis heute unverändert: Kaffee und Café (beides heißt im Italienischen caffè) gehören fest zur italienischen Kultur – und haben sich indes selbst zur Kultur gemausert. Die korrekte Zubereitung eines Kaffees kommt einer Kunst gleich, deren meisterhafte Beherrschung die bariste heute sogar in internationalen Wettbewerben unter Beweis stellen. Meinte barista in Italien ursprünglich generell einen Barkeeper, also jemanden, der alle Arten von Getränken zubereitet und serviert, hat sich die Bedeutung des Wortes mittlerweile außerhalb des italienischen Sprachraums verschoben und dient nunmehr als Berufsbezeichnung für jemanden, der in Café, Espressobar oder Coffee-Shop professionell Kaffee zuzubereiten versteht. Damit ein caffè perfekt ist, sind viele Faktoren zu beachten: Die Kaffeemenge und -qualität sind dabei ebenso wichtig wie die Mahlstärke und Kompression. Auch das Wasser muss bestimmte Kriterien erfüllen, die von der richtigen Temperatur über den Kalkgehalt bis zum Druck reichen. Andernfalls schmeckt der Kaffee schnell bitter, sauer oder hat zu wenig Aroma.

Kaffeekultur

Nach wie vor ist Italien führend im Kaffeeimport und -export und weist eine hohe Anzahl der weltweit bedeutendsten Kaffeeröster auf. Es ist nicht verwunderlich, dass das Heißgetränk in allen erdenklichen Variationen die Italiener vom frühen Morgen bis zum späten Abend begleitet. Dabei unterscheidet man in Italien sehr genau, welche Kaffeespezialität man zu welcher Tageszeit genießt. Der auch in Deutschland beliebte Cappuccino etwa wird in Italien ausschließlich morgens oder vormittags getrunken. Wer ihn dort zu einer späteren Tageszeit, etwa als Kaffee nach dem Mittagessen, bestellt, offenbart sich gleich als Nicht-Italiener. Ab mittags bestellt man in Italien Espresso – der allerdings nicht “Espresso” genannt wird, sondern schlicht: caffè. Jeder Italiener hat seine Lieblingsbars, in die er – mitunter mehrmals täglich – einkehrt, um einen schnellen caffè im Stehen zu trinken. Wie “lebenswichtig” dieser Kaffee ist, beweist der wunderbarer neapolitanische Brauch des caffè sospeso, des “aufgeschobenen Kaffees” aus der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. In jener Zeit wurde es üblich, außer seinem eigenen Kaffee eine weitere Tasse zu bezahlen, die der Barista notierte und an einen Bedürftigen ausschenkte. In Neapel findet man noch immer Cafés, vorwiegend in der Altstadt, die diese Tradition fortführen.

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